Eva Zeller, Schriftstellerin
„Die Zeit darf in Görzke, das ich in- und auswendig kenne,
nicht ohne mich verstreichen.
Das Postauto fährt aus dem Wald heraus. Die Runzeln und
Knicke in der Fläche gleiten von dem zusammengestauchten
Sattel der Butterberge in die Mulde hinunter, aus der das Sägedach,
der Kirchturm, die acht Schornsteine steigen; ihre Rauchfahnen
zeigen, woher der Wind weht, oder stehen kerzengerade bei
Windstille. Ich komme von Osten her und meistens spät nachmittags,
wenn die Sonne zwischen den Schornsteinen wegrutscht und Wege
beleuchtet, die nur nach Hause führen können. Geblendet vom
Gegenlicht sehe ich die kobaltblauen, grobzähnigen Umrisse
von Paulis Fichten. Mit dem Zeigefinger schreibe ich GÖRZKE
in die Manteltasche. Hier, nirgendwo sonst habe ich mich für
eine kleine Ewigkeit eingerichtet. Mutter, an der Postautohaltestelle,
sagt: Kind, daß du wieder da bist. Ohne dich ist es so leer im Haus.
Die Haustür steht sperrangelweit offen.
Großmutter kommt die Treppe herunter:
Hereinspaziert!“
(Eva Zeller: „Solange ich denken kann“)
*
Die Ausstellung für Eva Zeller
zeigt neben den wichtigsten Werken der Dichterin und Schriftstellerin
auch Erinnerungsstücke ihres Lebensweges.
Eva Zeller
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Eva Zeller
Eva Zeller, geb. Feldhaus, verh. Dirks (* 25. Januar 1923 in Eberswalde) ist eine deutsche Schriftstellerin.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Eva Zeller wuchs auf dem Rittergut ihrer Großmutter in Görzke auf. Da die Ehe der Eltern (Mutter: Elisabeth Feldhaus, geb. Bertrand; Vater: Franz Maria Feldhaus, Technikhistoriker) bereits 1924 geschieden wurde, kehrte ihre Mutter von Eberswalde nach Görzke zurück. Dort absolvierte sie die Schulzeit bis zum 14. Lebensjahr, anschließend bis zum Abitur (1941) im Internat in Droyßig bei Zeitz.
Nach dem Studium der Germanistik und Philosophie in Greifswald, Marburg und Berlin heiratete sie 1944 den Kirchenmusiker Wolf-Dietrich Dirks, der Anfang 1945 als Soldat im Russlandfeldzug verschollen ist. Im März 1945 wurde die Tochter Maren auf der Flucht geboren. Von 1947 bis 1950 unterrichtete sie in Görzke Junglehrer, gleichzeitig arbeitete sie als Lehrerin an der dortigen Zentralschule. 1950 heiratete sie den Pfarrer und Kunsthistoriker Reimar Zeller; 1951 kam Tochter Susanne zur Welt. Zwischen 1950 und 1956 wohnte sie in Hohenwerbig und Kleinmachnow. 1956 verließ sie die DDR und ging nach Südwestafrika, wo ihr Mann die deutsche evangelische Gemeinde in Swakopmund betreute. 1958 wurden die Zwillinge Cordula und Joachim geboren. 1962 kehrte die Familie in die Bundesrepublik Deutschland zurück. Sie wohnte bis 1974 in Düsseldorf, anschließend in Villingen (Schwarzwald) und Heidelberg. 1979 hielt sie die Laudatio bei der Verleihung des Georg-Büchner-Preises an Ernst Meister. Seit 1998 lebt sie in Berlin.
Im Oktober 2005 wurde im Museum des Handwerkerhofes in Görzke, dem Ort ihrer Kindheit im Fläming, ein Raum mit Erinnerungsstücken von Eva Zeller eröffnet.
Eva Zeller veröffentlichte Kinderbücher, Romane, Erzählungen, Lyrik, Hörspiele und Essays. Frühe literarische Vorbilder sind Theodor Fontane, Gottfried Benn und Günter Eich. In ihren ersten Büchern befasste sie sich mit der Apartheidpolitik im damaligen Südwestafrika und den daraus erwachsenden menschlichen und sozialen Konflikten. Als literarische Chronistin des Nationalsozialismus schrieb sie über ihre Kindheit und Jugend im „Dritten Reich“ und profilierte sich darüber hinaus als stilistisch versierte Beobachterin der Gegenwart. Sie stellte die traditionelle soziale Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern in Frage. In ihrer geistlichen Lyrik fand sie zu einer Sprache, die dem Inhalt der Worte neue Dimensionen eröffnet.
Mitgliedschaften, Dozentur
- 1970: P.E.N.-Zentrum Deutschland
- 1975: Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung Darmstadt, zeitweise Vizepräsidentin
- 1985: Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz
- 1987: Poetikdozentur an der Universität Mainz
Preise, Auszeichnungen, Stipendien
- 1970: Georg-Mackensen-Literaturpreis
- 1974: Ehrengabe zum Andreas-Gryphius-Preis
- 1975: Droste-Preis der Stadt Meersburg
- 1977/78: Schillerstipendium des Europaforums für Literatur
- 1981: Salzburger Lyrikpreis
- 1986: Ida-Dehmel-Literaturpreis der Gedok
- 1987: Arbeitsstipendium des Landes NRW und Stipendium des Deutschen Literaturfonds
- 1988: Erzählerpreis der Stiftung Ostdeutscher Kulturrat
- 1991: Eichendorff-Literaturpreis
- 1992: Jahresstipendium des Landes Baden-Württemberg
- 1994: Buchpreis des Deutschen Verbandes Evangelischer Büchereien
- 1994: Nikolaus-Lenau-Preis der Künstlergilde
- 1999: Dr. theol. h. c. der Augustana-Hochschule Neuendettelsau
- 2007: Paul-Gerhardt-Preis.
Werke
Jugendbücher
- Kleines Herz in Afrika. Christlicher Zeitschriftenverlag, Berlin-Friedenau, o.J. 1957.
- Pitirapo. Christlicher Zeitschriftenverlag, Berlin-Friedenau, o.J. 1958.
- Amely, Christlicher Zeitschriftenverlag, Berlin-Friedenau, o.J. 1958.
- Kleines Herz in der großen Welt. Christlicher Zeitschriftenverlag, Berlin-Dahlem, o.J. 1959.
- Andelino und das Kuduhorn. Oncken, Kassel 1960.
- Der Feuersalamander. Oncken, Kassel 1961.
- Umweg durch die Wüste. Oncken, Kassel 1962.
Jugendhefte
- Wo bleibt Seraphia? (Reihe „Silberstern“.) Oncken, Kassel 1964.
- Regen Schießen. (Reihe „Silberstern“.) Oncken, Kassel 1965.
- Das Auge des Himmels. (Reihe „Silberstern“.) Oncken, Kassel 1965.
- Das Amulett. (Reihe „Silberstern“.) Oncken, Kassel 1966.
- Die Reise nach Kapstadt. (Reihe „Silberstern“.) Oncken, Kassel 1967.
- Das vergrabene Faß. (Reihe „Silberstern“.) Oncken, Kassel 1968.
- Monsieur Birnboom. (Reihe „Für stille Stunden“.) Oncken, Kassel 1968.
- Der brennende Busch. (Reihe „Für stille Stunden“.) Oncken, Kassel 1968.
- Der Fund auf dem Dachboden. (Reihe „Silberstern“.) Oncken, Kassel 1969.
- Lorettostraße drei. (Reihe „Silberstern“.) Oncken, Kassel 1969.
Prosa, Lyrik
- Die magische Rechnung. Erzählungen. DVA, Stuttgart 1966.
- Der Sprung über den Schatten. Roman. DVA, Stuttgart 1967.
- Ein Morgen Ende Mai. Zehn prosaische Lesestücke. DVA, Stuttgart 1969.
- Sage und Schreibe. Gedichte. DVA, Stuttgart 1971.
- Der Turmbau. Erzählungen. DVA, Stuttgart 1973.
- Lampenfieber. Roman. DVA, Stuttgart 1974.
- Fliehkraft. Gedichte. DVA, Stuttgart 1975.
- Die Hauptfrau. Roman. DVA, Stuttgart 1977.
- Auf dem Wasser gehen. Gedichte. DVA, Stuttgart 1979.
- Solange ich denken kann. Roman einer Jugend. DVA, Stuttgart 1981.
- Tod der Singschwäne. Erzählungen. DVA, Stuttgart 1983.
- Unveränderliche Kennzeichen. Ausgewählte Erzählungen und Gedichte. Union, Berlin (Ost) 1983.
- Nein und Amen. Autobiographischer Roman. DVA, Stuttgart 1986.
- Heidelberger Novelle. DVA, Stuttgart 1988.
- Stellprobe. Gedichte. DVA, Stuttgart 1989.
- Das Sprungtuch. Erzählungen. DVA, Stuttgart 1991.
- Eva Zeller. Lyrik und Prosa. Im Auftrag der Literarischen Gesellschaft (Scheffelbund) Karlsruhe. Auswahl und Nachwort Karl Foldenauer. Literarische Gesellschaft Karlsruhe, Karlsruhe 1992.
- Ein Stein aus Davids Hirtentasche. Gedichte. Herder, Freiburg u.a. 1992.
- Die Lutherin. Spurensuche nach Katharina von Bora. DVA, Stuttgart 1996.
- Das versiegelte Manuskript. Roman. DVA, Stuttgart 1998.
- Dreißig Worte für Liebe. Erzählungen. DVA, Stuttgart/München 2002.
- Das unverschämte Glück. Neue Gedichte. Radius, Stuttgart 2006.
- Was mich betrifft. Gedichte und Balladen. Sankt Michaelsbund, München 2011.
- Hallelujah in Moll. Gedichte. Athena-Verlag, edition exemplum, Oberhausen 2013.
Herausgeberschaften, Literaturhistorische Texte
- Generationen. Dreißig deutsche Jahre. Hrsg. Eva Zeller. DVA, Stuttgart 1972.
- Lang genug habe ich gewohnt bei dem Hasser des Friedens. Hrsg. Eva Zeller, Leszek Kolakowski. Verlag am Eschenbach, Eschbach/Markgräferland 1981.
- Das Wort und die Wörter. Tradition und Moderne in der geistlichen Lyrik. Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Abhandlungen der Klasse der Literatur, Jg. 1990, Nr. 3. Steiner, Stuttgart 1990.
- Das Kind in dem ich stak. Gedichte und Geschichten über die Kindheit. Hrsg. Irma Hildebrandt, Eva Zeller. Fischer, Frankfurt 1991.
- Die Autobiographie. Selbsterkenntnis – Selbstentblößung. Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Abhandlungen der Klasse der Literatur, Jg. 1995, Nr. 2. Steiner, Stuttgart 1995.