Geschichte

 

Inhaltsverzeichnis

 

1. Geschichtlicher Überblick

2. Heimatgeschichtliche Veröffentlichungen

3. "850 Jahre Görzke" (2011)

 


 

1. Geschichtlicher Überblick

 

Görzke: 1161 Gorceke

1283 Gorzek

1373 Gortzk

1452 Gorczck

1533 Gortzk

Goertzcke, Görtzke, Görzke

 

6. Jahrh. Beginnende slawische Besiedlung an Elbe, Havel und Saale
929

Eroberung der slawischen Gebiete durch König Heinrich I. und Gründung von

Burgwarden.

948

König Otto I. gründet das Bistum Brandenburg.

Görzke liegt im Grenzgebiet des Gaues Moraciani, ist allerdings zu dieser Zeit

noch nicht urkundlich bezeugt. Der Zeitpunkt der ersten Siedlung und der

Errichtung des Burgwalls ist unbekannt.

983 Die Slawen befreien sich von der deutschen Herrschaft.
1157

Endgültige Unterwerfung der ostelbischen slawischen Stämme durch den

deutschen Adel.

1161

Bischof Wilmar gründet das Domkapitel in Brandenburg. In der Bestätigung

der Besitzungen des Domkapitels durch den Erzbischof Wichmann in

Magdeburg wird in der Grenzbeschreibung u.a. der Burgward Görzke genannt

(erste urkundliche Erwähnung!). Ein Burgward stellte einen aus mehreren Orten

gebildeten Wehrbezirk dar. Zum Burgward Görzke (später Vogtei genannt),

in der Mark Brandenburg gelegen, zählen mehrere Nachbarorte. An Görzke

schließt sich einerseits der Burgward Buckau und andererseits Reetz an.

Die Hauptorte sind mit neuerrichteten Burgen oder ausgebauten ehemals

slawischen Burgwällen gesichert. Die genannten Burgwarde sind Teil der äußeren

Festungskette um Magdeburg.

um 1250 Verleihung des Stadtrechts.
15.07.1283

Die Markgrafen Otto und Konrad gewähren den Bürgern der Stadt Görzke

das Privileg des Gerichtsstandes vor dem eigenen Schulzen (Bürgermeister),

der nach dem Spruch seiner Schöffen richten soll.

23.04.1293

Otto und Konrad, die Markgrafen von Brandenburg, sichern der Stadt Görzke

aus der dortigen Münze eine jährliche Rente von 33 Schilling 4 Pfennig

für die Befestigung und Verbesserung der Stadt zu.

25.05.1328

Ludwig, Markgraf von Brandenburg, verkauft für 16 000 Mark Silber das

Fürstentum Lausitz und die Städte Beelitz, Brietzen (später Treuenbrietzen),

Görzke und andere an Herzog Rudolph von Sachsen. Dem Markgrafen Ludwig

steht innerhalb der nächsten zwölf Jahre das Recht zu, die betreffenden

Ländereien und Städte zurückzuerwerben.

28.07.1346

Ludwig, Markgraf von Brandenburg, verpfändet wiederum die Lausitz sowie

Beelitz, Brietzen, Görzke und andere Städte wegen 12 000 Mark Silber

Schulden dem Markgrafen von Meißen.

1348

Der sogenannte „Falsche Waldemar“ tritt auf und gibt sich für den 1319

gestorbenen brandenburgischen Markgrafen Waldemar aus. Der später

als der Müller namens Jacob Rehbock Identifizierte beansprucht die

Markgrafenwürde Brandenburgs.

06.04.1349

36 Städte der Mark, unter ihnen auch Görzke, verpflichten sich auf Anraten

Waldemars, die Berechtigung der Fürsten von Anhalt zur eventuellen Nachfolge

der Herrschaft in der Mark Brandenburg anzuerkennen. Die Fürsten von Anhalt

stellen ihrerseits den märkischen Städten einen Schutzbrief aus.

29.03.1350

König Karl IV. teilt den märkischen Städten mit, daß er in der Person des

vorgeblichen Markgrafen Waldemar betrogen worden worden sei, den

Markgrafen Ludwig von Bayern aber anerkenne und zur Entscheidung darüber

einen Reichstag zu Nürnberg ausgeschrieben habe.

19.04.1350

Die Städte Brandenburg, Köpenick, Rathenow, Pasewalk, Strausberg,

Angermünde, Görzke, Berlin und Cöln, Nauen, Arnswalde, Templin und Bernau

ersuchen König Karl IV., sie den Herzogen von Sachsen und Anhalt als

Landesherren zuzuweisen.

01.06.1350

König Karl IV. ermahnt mehrere Städte und Vasallen der Mark (unter ihnen auch

die Stadt Görzke),den bayerischen Ludwig als Markgraf in Brandenburg

anzuerkennen und Waldemar fallenzulassen.

12.09.1350

Die Städte Görzke, Brandenburg, Stendal, Tangermünde, Osterburg, Seehausen,

Prenzlau, Pasewalk und Templin weigern sich weiterhin, Ludwig als Markgrafen

anzuerkennen. Auf dessen Antrag verhängt der König über diese Städte die

Reichsacht.

13.09.1351

König Karl IV. weist die Stadt Görzke nochmals an, die bayerischen Markgrafen

über Brandenburg anzuerkennen.

10.05.1355

Waldemar entbindet Brandenburg und Görzke, die letzten beiden Städte, die

zu ihm halten, von dem ihm geleisteten Treueeid und verweist sie an Ludwig,

den er als Markgraf von Brandenburg nun anerkennt.

24.06.1369

Markgraf Otto überläßt das Münzrecht den Städten des Berliner Münzbezirks,

womit vermutlich auch die Prägung der Görzker Münze eingestellt wird.

1373 Das Erzstift Magdeburg beanssprucht Görzke.
1378 Das Erzstift Magdeburg erobert und zerstört Görzke.
1416 Eroberung der Stadt Görzke durch Kurfürst Friedrich I., Markgraf von Brandenburg.
07.05.1421

Herzog Albrecht von Sachsen-Lüneburg und Graf Heinrich von Schwarzburg

entscheiden die Uneinigkeiten des Erzstiftes Magdeburg mit dem Markgrafen

Friedrich über Görzke und Plaue.

Da beide Parteien Anspruch auf Görzke erheben, entscheidet man, die Stadt

als Lehen an den Grafen von Schwarzburg zu geben (siehe bei 1816), der Görzke

als Afterlehen an die Schierstedts gibt.

27.12.1533

Joachim, Kurfürst von Brandenburg, verzichtet endgültig auf die noch immer von ihm

in Anspruch genommene Lehnsherrlichkeit über Görzke, unter Vorbehalt des

Geleitrechtes. Die Stadt hatte demzufolge bei Durchreise des Kurfürsten

Bewaffnete zu seiner Sicherheit innerhalb eines festgelegten Gebietes aubzustellen.

Görzke wird in den 1. Distrikt des Kreises Jerichow im Erzstift Magdeburg

eingegliedert.

02.08.1569

Das Erbe Hans von Schierstedt`s, der mit allen Gütern um Görzke belehnt

worden war, wird aufgeteilt auf seine Söhne Wolf Friedrich, Friedrich und

Hans Friedrich. Die Teilung, die in drei gleiche Teile vorgenommen wird, betrifft:

Bauten, Felder, Wiesen und Gärten, Wald und Jagd, Vieh und Fischerei, Imkerei,

Untertanen, Dienste und Abgaben, Mühlen, Braurechte, Ziegelei, Gerichte

und Strafen.

1642

Im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) muß Görzke schwere Zerstörungen

hinnehmen. Die Kirche verbrennt bis auf den Altarraum und den Turm.

Die Folge der langen Kriegszeit, die auch hier Tod und Verwüstung mit sich

bringt, ist eine Verarmung der Bürger, Bauern und des Adels. Görzke verliert

das Stadtrecht.

1680

Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg, übernimmt das Herzogtum

Magdeburg (zu dem Görzke gehört), das aus dem Erzbistum Magdeburg

hervorgegangen ist und ihm bereits 1648 als weltliches Herzogtum

zugesprochen worden war.

1719 Görzke erhält das Stadtrecht zurück.
1808

Nach dem Tilsiter Vertrag vom 9. Juli 1807, den Napoleon dem preußischen

Staat aufzwingt, ergibt sich eine Veränderung der deutschen Grenzen.

Görzke wird an den Regierungsbezirk Potsdam angegliedert.

1815 Görzke wird Marktflecken bzw. Landgemeinde.
1816

Schwarzburg tritt die Lehnshoheit an das Königreich Preußen ab. Görzke

liegt nun in der Provinz Sachsen, Regierungsbezirk Magdeburg, Kreis Jerichow I.

1945

Nach dem zweiten Weltkrieg werden die Regierungsbezirke Magdeburg und

Halle-Merseburg mit dem Land Anhalt zur Provinz Sachsen-Anhalt vereinigt.

1947

Mit der territorialen Neugliederung der sowjetischen Besatzungszone in

fünf Länder entsteht das Land Sachsen-Anhalt.

01.07.1950 Umbenennung des Kreises Jerichow I in Landkreis Burg.
1952

Gemäß dem Gesetz vom 23.7.1952 werden die früheren DDR-Länder

nach ökonomischen und verwaltungstechnischen Gesichtspunkten neuformiert und in 15 Kreise eingeteilt. Görzke gehört seitdem zum Kreis Belzig, einem der 15 Kreise

des Bezirkes Potsdam.

15.07.1981

Gründung des Gemeindeverbandes Görzke, dem neben Görzke die Gemeinden

Reppinichen, Werbig, Benken, Lübnitz und Hagelberg angehören.

1991

Im Zuge der Neustrukturierung der, bis 1952 bestandenen Länder, bleibt Görzke

trotz der früheren Zugehörigkeit zum Kreis Burg/Sachsen-Anhalt, im Kreis

Belzig/Land Brandenburg integriert.

1992

Gründung der Verwaltungsgemeinschaft Görzke mit den Gemeinden Görzke,

Rottstock, Gräben, Werbig, Reppinichen, Hohenlobbese.

01.01.1993

Die Gemeinde Görzke erklärt ihren Beitritt zum Amt Ziesar, dem seit dem 01.12.1992

bereits die Verwaltung für die Gebiete der heutigen Gemeinden Buckautal,

Gräben, Wenzlow, Wollin und Ziesar obliegt.

(Quelle: Jürgen Bartlog „Nachrichten aus acht Jahrhunderten Görzker Geschichte“, aktualisiert)

 


 

 

2. Heimatgeschichtliche Veröffentlichungen

 

H.R.S. Langenau     1881 „Nachrichten aus der Vorzeit des Städtchens Görzke“

Wilhelm Diederich /

Hermann Schwarze

    1929 „Nachrichten aus der Geschichte des alten Städtchens Görzke“
Jürgen Bartlog     1989 „Nachrichten aus acht Jahrhunderten Görzker Geschichte“
Jürgen Bartlog     1990 „Görzke am Fläming – Die wirtschaftliche Entwicklung“
Jürgen Bartlog     1992 „Görzke am Fläming – Bilder aus der Vergangenheit“ (Bildband)
Jürgen Bartlog     1995 „Kleines Görzker Lesebuch“
Jürgen Bartlog 1989 - 1993 „Belziger Heimatkalender“ (10 Beiträge)
Jürgen Bartlog 1987 - 1998

Div. Tageszeitungen (101 Beiträge)

Jürgen Bartlog 2020 - ........ Weitere Beiträge

Frank Eret /

Eugen Gliege

    2021

"Görzke auf alten Ansichtskarten"

 

Jürgen Bartlog     2022  "Nachrichten aus der Görzker Geschichte"
Jürgen Bartlog     2023 „Aus vergangenen Tagen des Städtchens Görzke“
         

                                                                  


 

 

3. "850 Jahre Görzke" (2011)

 

 

Flyer zur 850-Jahrfeier

 

 

*

Ein besonderer Dank gilt Herrn Hans-Jürgen Krauß.

Als „Foto-Chronist“ hat er alle Jubiläums-Veranstaltungen

begleitet und die entstandenen Aufnahmen

zur Verfügung gestellt.

 

*

 

28. August 2011: Empfang der Fahrradtour, von Ziesar entlang der alten Bahnstrecke auf dem Bahnhof Görzke mit Ausstellung „100 Jahre Bahnstrecke Görzke – Ziesar“

 

 

 

 

 

 

 

28. August 2011: Festgottesdienst mit Einführung des neuen Pfarrers Thorsten Minuth und anschließendem Orgelkonzert mit dem Organisten der Leipziger Thomaskirche

Stefan Kießling

 

2022

 

2026

 

2027

 

 

 

 

29. August 2011: Schauvorführung der Freiwilligen Feuerwehr Görzke

1973

Die Ehrenmitglieder als Beobachter des Geschehens

1985

Es brennt im Rathaus - Alarm!

1986

Der Bürgermeister: "Rettet die Stadtkasse!"

1992

Mutige Bürger leisten erste Hilfe zur Brandbekämpfung

2000

Schnell trifft die Feuerwehr ein

2016

Die nächste Technik-Generation ...

2030

... greift ein

2033

Lagebesprechung. Der Wehrführer befragt Anlieger.

2037

Alles nur Show!

2061

Die Rettung

2049

Die Rettung

2068

Die Rettung

2085

Die Rettung

2087

Die Rettung

 

 

31. August 2011: Vortrag der Volkssolidarität „Mobil im Alter“

2247

 

2256

 

 

 

31. August 2011: Historische Führung durch Görzke mit dem Bürgermeister

 

 

2274

 

2277

 

2280

 

 

 

 

2. September 2011: Öffentliche Festsitzung im Handwerkerhof

Schülertheater Görzke, Leitung: Uta Salomon

Kevin Bade

Marie Belajew

Johanna Berndt

Julian Buhle

Anton Hensky

Emil Hensky

Jorinde Hensky

Laura Hiob

Niklas Köpke

Bryan Niclas Rohde

Ronja Rohde

Kristin Steinke

Emilia Wallbaum-Haug

Hannes Wieland

Tom Wieland

 

 

„Die Sage vom Waldemartor“

 

2408

2465

 

 

 

„Die Sage vom Unterirdischen Gang unter den Görzker Straßen“

 

2406

2408

 

 

 

„Die Sage vom geheimnisvollen Schatz in der Kirchenruine“

 

2441

2445

 

 

 

 

2. September 2011: Öffentliche Festsitzung im Handwerkerhof

 

2329

Vorabsprache

2360

Schützenverein zu Görzke 1850 e.V.: Salut! Auf Görzke!

2422

Festrede

2469

Grußworte vom Stellv. Landrat ...

2470

... und vom Städte- und Gemeindebund Brandenburg

2493

Blasorchester der Freiwilligen Feuerwehr Görzke e.V.

2404

Regisseurin des Schülertheaters Uta Salomon ( 1. v. l. ), Flämingkönigin und Landtagsabgeordneter Andreas Kuhnert

2475

Tagesausklang ...

2479

... in gemütlichen Runden ...

2505

... im Festzelt

 

 

 

*

 

Auszüge aus der Festrede

 

…Von Besuchern, die lange Zeit nicht hier waren, oder gebürtigen Görzkern, die ihren Heimatort verlassen haben und erst nach Jahrzehnten zum ersten Mal zurückfanden, war oft zu hören: „Hier ist vieles neu – und zugleich ist alles wie früher.“

Es ist eine große historische Chance, wenn ein Ort trotz aller Veränderungen sein Gesicht bewahren kann und man auch nach langer Zeit Eindrücke und Bilder aus der Erinnerung wiederfindet. Erst die nachfolgenden Generationen werden aber darüber urteilen können, ob es uns gelungen ist, Görzke seinen seit Jahrhunderten geprägten Charakter zu bewahren.

 

Geduld für die Lösung der Probleme mußten die Bewohner des Flämings schon immer mitbringen, denn in der märkischen Streusandbüchse gehen die Uhren seit jeher etwas langsamer als im Trubel der Städte. Vielleicht gibt uns die Vergangenheit Antwort, wie Tradition, Gegenwart und Zukunft eine fruchtbare Verbindung ergeben können:

 

1161 wird Görzke urkundlich erstmals erwähnt. – Der Name Görzke wird hergeleitet vom slawischen gora (am Berg). Nach der Unterwerfung der Slawen, die die eigentlichen Gründer auch unseres Ortes sind, erfolgte 1161 die Gründung des Domkapitels Brandenburg. In der Gründungsurkunde wird der Burgward Görzke erwähnt, später Vogtei genannt. Ein Burgward war ein Wehrbezirk, der sich aus mehreren Siedlungen zusammensetzte. Der ursprünglich slawische Burgwall war später der Sitz des Görzker Vogtes.

 

1250 erhielt Görzke das Stadtrecht. Dazu kam das Privileg der eigenen Gerichtsbarkeit und der Münze. Diese beiden Sonderrechte sind damals nur wenigen märkischen Städten zuteil geworden.

 

Sowohl die brandenburgischen Markgrafen als auch das Erzstift Magdeburg beanspruchten diesen strategisch wichtigen Siedlungspunkt. Der ewige Grenzstreit war kein guter Nährboden für das Wachstum der Stadt. Trotzdem belegen Urkunden aus dem späten Mittelalter einen gleichberechtigten Stand der Stadt Görzke mit anderen, heutigen großen Städten wie Brandenburg oder Prenzlau.

 

Daraus läßt sich vielleicht auch der Mut der hiesigen Bürger ableiten, im 14. Jahrhundert, entgegen den kaiserlichen Befehlen, den sogenannten „Falschen Waldemar“ zu unterstützen. Dieser Waldemar erhob seinerzeit Anspruch auf die brandenburgische Markgrafenwürde. Zusammen mit der Stadt Brandenburg nahm Görzke sogar die Reichsacht in Kauf, um den geleisteten Treueeid auf Waldemar nicht zu brechen.

 

Generationen von Görzkern hatten bis dahin die Wehrhaftigkeit der Stadt (auch mit finanzieller Unterstützung durch den Markgrafen) ausbauen können. Trotz der sich entwickelnden Kriegstaktik war Görzke schwer zu erobern und es kursierte der Spruch: „Haben wir erst Brandenburg und Zerbst, dann kriegen wir auch Görzke, das Teufelsnest.“

 

Doch Zerstörungen und große Brände nach Belagerungen oder Eroberungen trugen dazu bei, daß Görzke nach dem Dreißigjährigen Krieg das Stadtrecht verlor. Bereits im 17. Jahrhundert waren der größte Teil der 8 Meter hohen Mauern und der 6 Meter tiefen Gräben vor der Stadt nicht mehr in Benutzung. Heute gibt es von der Stadtbefestigung nur noch den Turm der Kirche, dessen Bauzeit im 12. Jahrhundert liegt.

 

*

 

Zwischen dem Görzke von 1161 und von heute liegt ein weiter Weg. Wie jede andere Gemeinde in unserem Land hat auch Görzke in zurückliegenden Jahrhunderten Freud und Leid erlebt. Aber unser Heimatort wäre nicht der, den wir heute kennen, hätte es nicht zu allen Zeiten Bürger gegeben, die sich verantwortlich gefühlt und für die Gemeinschaft gehandelt haben; in einem übertragenen Amt, ehrenamtlich, unternehmerisch oder ganz einfach aus einer humanistischen und christlichen Überzeugung heraus.

 

Die Görzker haben sich nie unterkriegen lassen. Wenn es nötig war zeigten sie Mut, sie waren fleißig, erfinderisch, sie haben in guten Zeiten investiert und in Notzeiten sparsam gewirtschaftet und sie waren immer geduldig und bodenständig. Es gab fette Jahre und es gab magere Jahre. Alle Generationen haben die Herausforderungen der jeweiligen Zeit angenommen.

 

Politische Veränderungen, Kriegswirren mit all ihren schmerzlichen Folgen, und wirtschaftliche Probleme – wir können heute allenfalls erahnen, was sich in dieser Gemeinde schon alles ereignet hat. Trotzdem ist der Gemeinschaftssinn erhalten geblieben.

 

Beginnend mit dem ältesten der Görzker Vereine, der Schützengilde von 1850, läßt sich eine ganze Reihe von Zusammenschlüssen aufzählen, in denen Gemeinsinn und Geselligkeit gepflegt werden.

 

Als unverzichtbar und notwendig hat sich die Freiwillige Feuerwehr erwiesen. Sie und der Sportverein zählen ebenfalls zu den ältesten hiesigen Vereinen. Görzke hat im Laufe des

19. und 20. Jahrhunderts außerdem mehrere Gesangvereine, einige Schieß-Clubs, sowie

Sport- und Radsportvereine gesehen. Es gab Kaninchen-, Rassegeflügel- und Ziegenzuchtvereine, Krieger- und Militärvereine. Es gab den Motorfahrer-Club, den Schwimmverein und vieles mehr. Das heutige Spektrum umfaßt neben einigen bereits Genannten die Volkssolidarität, Jugendclubs, den Förderverein, das Feuerwehrorchester, den Kitaförderverein sowie Vereine für Kleingärtner und Angler.

 

*

 

Genauso wie im politischen Geschehen, ist Görzke auch in wirtschaftlicher Hinsicht nicht immer von der Geschichte begünstigt worden. Da Görzke jahrhundertelang abseits der bedeutenden Handelsstraßen lag und auch unser märkischer Sand keine gute Grundlage für hohe Erträge bot, kam dem Handwerk die Aufgabe zu, die Kommune aufzurichten und zu erhalten. Neben einer großen Palette von Kleinhandwerkern sind seit 1355 auch Wassermühlen für die Mehl- und Holzverarbeitung sowie ein Kupferhammer bezeugt.

 

Besonders geprägt wurde Görzke aber von der Töpferei.

„Sorgsame Hand,

und ein Klumpen vom Ton

auf der kreisenden Scheibe,

siehe, so formst du dich schon …“

So beginnt ein Gedicht aus dem 20. Jahrhundert. Und wenn man es weiterliest, so glaubt man, der Dichter hätte die Zeilen direkt in einer Görzker Werkstatt geschrieben.

 

Bis zu 13 Töpfereien bzw. 19 Meister existierten über Jahre hinweg gleichzeitig hier. Sie beschäftigten sich mit der Herstellung von Braungeschirr, Haushalts- und Gebrauchskeramik. Schon vor der Gründung der Innung 1706, und auch noch lange danach nannte man die hiesigen Töpfer „Bouteillen-Macher“, Flaschenmacher, womit das Hauptprodukt jener Zeit genannt ist.

 

Bis nach Stendal, Wittenberge, Salzwedel, Perleberg und Neuruppin waren ständig sogenannte „Topfkerle“ unterwegs. Händler mit Pferdefuhrwerken waren es, die die Tonwaren in jedes Dorf und auf die Märkte brachten. Den höchsten Absatz verzeichnete der landfahrene Topfkerl zur Zeit der Beerenernte und dann, wenn auf den Bauernhöfen die Hausschweine ihr Leben lassen mußten. Auch die Zeit der Gurkenernte war für sie keine Saure-Gurken-Zeit.

 

Die Tonwaren wurden aber auch direkt versandt. Mit dem Pferdewagen oder bei dem größten Tonwarenfabrikanten Karl Seiler bereits vor dem zweiten Weltkrieg mit firmeneigenen Lastwagen. Ganze Bahnwaggons wurden beladen. Zwischen den Weltkriegen lagen den Meistern der Görzker Töpfer-Innung Aufträge aus der ganzen Welt vor. In den Unterlagen liest man von New Orleans, Addis-Abeba, New York, Paris, Amsterdam, Mailand, Istanbul, Athen …

 

Bis heute haben sich der Bedarf und das Sortiment sehr geändert. Es dauerte seine Zeit, bis der Übergang vom einfachen Haushaltsgeschirr des täglichen Bedarfs zur individuellen handgearbeiteten Tonware vollzogen war.

 

Neben der Töpferinnung war Görzke seit dem 16. Jahrhundert Mittelpunkt für viele Handwerke. Privilegien, so nannte man die von höchster Stelle erlassenen Handwerksordnungen, gab es für die Görzker Innungen der Schuhmacher, Leineweber, Schneider, Bäcker, Fleischer, Tischler, Rade- und Stellmacher, Schmiede und Böttcher.

 

Vor rund 100 Jahren zog die erste Industrie ein: Konservenfabrik, Stärkefabrik und Molkerei. Sie und auch die, in der DDR großen Arbeitgeber Steinzeugwerke, Puppenwerk und Schuhfabrik, aber auch die landwirtschaftlichen Großbetriebe wurden von der Zeit überholt.

 

Arbeitsplätze sind in Görzke, so wie überall auf dem flachen Lande, zu einem wertvollen Gut geworden. Die Globalisierung hat jeden Ort auf der Landkarte erreicht. Bundesweite Entscheidungen und Landespolitik wirken hinein in alle Lebensbereiche, egal ob Gesundheitswesen, Bildung, Arbeit und vieles mehr. Im Großen und Ganzen sind viele Maßnahmen derzeit der demographischen Entwicklung geschuldet.

 

In dieser Situation haben Politiker in Bund, Ländern und Kommunen eine der größten Herausforderungen unserer Zeit zu meistern: nämlich ein Abkoppeln der ländlichen Räume von der allgemeinen Entwicklung zu verhindern. Die, bis vor wenigen Jahren noch praktizierte große Politik, insbesondere das Gesundheitswesen und die Bildung in schwach strukturierten Regionen einfach marktwirtschaftlichen Regeln zu überlassen, hat schwerwiegende Folgen gehabt. Viele Menschen auf dem Lande fühlen sich heute übergangen und zurückgelassen.

 

In den vergangenen 20 Jahren hat Görzke erleben müssen, daß eine Vielzahl von Arbeitsplätzen in der einheimischen Industrie, im Handwerk und im Handel verlorengingen. Umso wichtiger ist es, die heute bestehenden Unternehmen zu unterstützen. So mancher Zeitgenosse macht es sich leicht und fordert allein vom Staat wirtschaftsfördernde Maßnahmen. Unbestritten: nötig wäre es zwar, insbesondere hier im ländlichen Raum, aber gerade die Unternehmen, die seit Generationen mit Betriebsstätten in Görzke vertreten sind, wissen, daß mehr dazu gehört einen Betrieb langfristig und nachhaltig zu führen.

Obwohl es an Miesmachern und Bedenkenträgern sicherlich nicht mangelt, beweisen auch heute immer wieder junge Unternehmer Wagemut, Risikobereitschaft und Entschlußkraft und es stimmt hoffnungsvoll, daß Görzker Unternehmer, Görzker Arbeitgeber ihrem Namen gerecht werden und etwas unternehmen und Arbeit geben.

 

Uns allen kann es dabei auch zukünftig nicht schaden, wenn wir uns an die Weisheiten unserer Vorfahren erinnern. Ob Handel, Handwerk oder Gastronomie; für alle gilt der alte Spruch: Kaufe stets beim Nachbarn ein, - auch er wird Dir behilflich sein.

 

*

 

Der Blick in die Ortsgeschichte macht deutlich, daß die strukturellen Veränderungen nicht nur in den frühen Jahrhunderten ein bedeutendes Ausmaß hatte. Auch die jüngst vergangenen Jahrzehnte brachten durchgreifende Veränderungen mit sich.

 

Zu den bedeutendsten Daten des frühen 20. Jahrhunderts zählen zweifellos 1911 die Eröffnung der Bahnstrecke und 1922 die Elektrifizierung der Ortslage.

 

Obwohl Görzke bis 1952 am Rande des Kreises Jerichow I in der Preußischen Provinz Sachsen lag, und seitdem an der Grenze des Kreises Belzig bzw. Potsdam-Mittelmark und zugleich an der Grenze des Landes Brandenburg zu Sachsen-Anhalt liegt, ist der Ausbau von Straßen innerörtlich und überörtlich ein Thema, das die Einwohner immer wieder beschäftigt hat.

 

Eine „Investitionspause“ im gesamten kommunalen Bereich meinten viele Bürger in den Jahren der DDR zu spüren. Ganz ohne Investitionen in die Infrastruktur verliefen aber auch diese 40 Jahre nicht. Nur war damals selten ein Rundumergebnis erreichbar. Viele kleine und auch viele große Vorhaben wurden realisiert, jedoch blieb einiges lange Zeit provisorisch.

 

Als 1989 die Mauer fiel, war in Görzke ein Investitions- und Reparaturstau sondergleichen zu konstatieren. Die Ereignisse überschlugen sich. Vieles ging zu Bruch. Vieles entstand neu.

 

Wenn auch weiterhin viel zu tun ist, so halte ich doch die Vorausschau von Altbundeskanzler Helmut Kohl im Wesentlichen für erfüllt. Ich weiß natürlich, daß an das Zitat von den blühenden Landschaften (das ja aus der Nationalhymne stammt), häufig hohe, zu hohe Erwartungen geknüpft werden. Erwartungen, die mit der Realität beim besten Willen nicht in Übereinklang gebracht werden können.

 

Ich reihe die Zeit nach 1990 in die wichtigen Epochen für Görzke ein. Noch nie in seiner Geschichte war unser Heimatort in Bezug auf das Lebensumfeld und die Bausubstanz derart intakt wie heute.

 

Die Versorgungsleitungen sind in der Erde, viele der öffentlichen Straßen und Plätze, die Bauten und die Anlagen, ob privat oder kommunal, sind rundum, im Großen und Ganzen gesehen, ihrem Bedarf entsprechend in Ordnung.

 

Und abgesehen von denen, die es überall einzeln gibt, den chronischen Verweigerern und Meckerern, kann der Görzker heute voller Stolz mit einem abgewandelten, berühmten Zitat sagen: „Schaut auf diese Stadt und erkennt, daß wir diese kleine Stadt nicht aufgegeben haben.“

 

Dafür, daß es so ist, haben wir Dank zu sagen. Dank für die enorme finanzielle Hilfe aus Europa, von Bund, Land und Landkreis.

 

Selbst der größte Skeptiker wird zugeben, daß er nicht zurück möchte zu unsauberem Trinkwasser, zu mittelalterlicher Abwasserentsorgung und zu Bauschäden an grauen Gebäuden und an Straßen.

 

Glücklich darf sich bei alledem fühlen, wer ein gesichertes Einkommen hat, wer Arbeit hat, dessen Umfeld in jeder Hinsicht halbwegs intakt ist. Der, kurz gesagt in Zufriedenheit leben kann. Wenn er sich außerdem die Eigenschaft bewahrt hat, ohne Neid, ohne Streitsucht und ohne Falschheit seinen Mitmenschen gegenüberzutreteten, kann man ihn einen glücklichen Menschen nennen. – Vielleicht auch einen glücklichen Görzker.

 

Die Bemühungen der Gemeinde, daß insbesondere medizinische Versorgung, Kindererziehung und Bildung ortsnah gesichert ist, soll dieses Gefühl ihrer Einwohner stützen und fördern.

 

*

 

850 Jahre eindrucksvolle und wechselhafte Geschichte liegen hinter uns. Die Vergangenheit ist der eine Teil, der zu Görzke gehört. Lassen Sie uns gemeinsam den anderen Teil gestalten, die Gegenwart und die Zukunft. Lebenswert soll sie sein, für uns und unsere Nachkommen.

 

Viele Generationen vor uns haben sehr viel schlechtere Zeiten erlebt als wir. Sie hatten größtenteils nicht so gute Ausgangsbedingungen.

 

Lassen Sie uns optimistisch und entschlossen in die Zukunft schauen und lassen Sie uns gemeinsam diesen, vor uns liegenden Weg beschreiten.

 

In diesem Sinne:

Auf eine glückliche Zukunft für Görzke und all seine Bürger.

 

Jürgen Bartlog

Bürgermeister