Brandbrief zum Erhalt der Sparkassen-Filiale Görzke

15.05.2019

Brandbrief

zum Erhalt der Sparkassen-Filiale Görzke

 

Das vorläufige Resümee der wochenlangen Bemühungen um den Erhalt der Sparkassenfiliale in Görzke lässt nur einen Schluss zu: Es ist im Land Brandenburg schlecht bestellt um das, was man „zukünftige vergleichbare Lebensverhältnisse in Stadt und Land“ nennen könnte.

 

Als einstige DDR-Bürger dürften viele von uns zur Genüge über die Theorien des kapitalistischen Wirtschaftssystems informiert worden sein. Wir sollten nun auch nicht allzu überrascht sein, wenn sich mit der Zeit herausstellt, dass Marx nicht ganz Unrecht hatte und auch die heutige „soziale Marktwirtschaft“ ihre Grenzen hat, jedenfalls wenn es um das Soziale geht.

 

Allerdings erschreckt die Betroffenen, die Arroganz und die Ignoranz derjenigen, die als Funktionäre in der großen Politik und in der Wirtschaft agieren und die sich nur in der Werbung und zu Wahlzwecken daran erinnern, dass der Bürger, den sie jetzt vernachlässigen, ihnen einst den Weg zu ihrer jetzigen Funktion geebnet hat.

 

Weder Kreis- noch Landespolitik scheint wirklich zu interessieren, was die Bürger außerhalb ihrer Amtsstandorte bewegt. Lassen Sie uns an dieser Stelle nicht vom Kampf um Schulerhalt reden, oder von der Suche nach Landärzten. Auch vom öffentlichen Nahverkehr oder vom Internetzugang soll hier nicht die Rede sein. Nein, hier geht es um die existenzielle Grundlage, wie ältere, nicht mehr so mobile Mitbürger Bankgeschäfte auf dem Lande sicher erledigen können.

 

In dieser entstandenen Situation der Unsicherheit, geben die Betroffenen immer häufiger ihrer Überzeugung Ausdruck, dass so mancher Verantwortliche in Politik und Wirtschaft bereits soweit in seiner Selbstherrlichkeit versunken ist, dass er die Bedürfnisse der ländlichen Bevölkerung abseits seines Amtssitzes, vollständig aus den Augen verloren hat. – Sollte dies vielleicht auch auf die Landräte zutreffen, die die Aufgaben als Träger von Sparkassen zu vertreten haben?

 

Es wäre an dieser Stelle verfehlt, lediglich das Stimmungsbild der Einwohnerschaft wiederzugeben. Da sich die MBS seit der Übergabe der Unterschriftenlisten Anfang April bisher nicht geäußert hat, ist

die Annahme berechtigt, dass sie sich noch rechtzeitig auf ihren öffentlich-rechtlichen Auftrag besinnt und gemäß des Brandenburgischen Sparkassengesetzes, § 2 „in ihrem Geschäftsgebiet die Versorgung mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen sicherstellt“. Das im Gesetz benannte „Markterfordernis“ lässt sich aus den Unterschriftenlisten ableiten und z.B. mit eingeschränkten Öffnungszeiten regulieren.

 

Kein gutes Licht auf den Zustand unserer gesellschaftlichen Verhältnisse wirft das Ignorieren von Unterschriftenlisten und Gesprächsangeboten im Landkreis. Der Landrat hat auf keines der Schreiben geantwortet. Auch war nach mehrmaliger Anfrage durch den Amtsdirektor kein Termin für ein Gespräch zu finden. – Sollte das ein Indiz für den Stellenwert sein, den die Probleme der Landgemeinden für den Landkreis haben?

 

In der Sorge um die gefährdete Teilhabe einzelner Altersgruppen der ländlichen Bevölkerung am öffentlichen Leben und der daraus erwachsenden flächendeckenden Missstimmung haben sich Mitglieder der „Arbeitsgemeinschaft ehrenamtlicher Bürgermeister im Städte- und Gemeindebund Brandenburg“ zu der Problematik Sparkassenschließungen zusammengeschlossen um gemeinsam die Landespolitik aufmerksam zu machen auf flächendeckende Auswirkungen, und um ein schnellstmögliches regulierendes Eingreifen einzufordern.

 

Die fortschreitende Schließung von Konstanten im Lebensumfeld insbesondere älterer und nicht mobiler Mitbürger auf dem Lande stellt eine einseitige Benachteiligung und einen Ausschluss dieses Personenkreises vom öffentlichen Leben dar. Diese Ausdünnung der ländlichen Infrastruktur betrifft natürlich auch das Leben aller anderen Altersgruppen und birgt mehr und mehr politische Brisanz. Vor diesem Hintergrund erging unter Federführung der Bürgermeister von Görzke und Teupitz/Märkisch Buchholz ein Schreiben an die im Landtag angesiedelte Enquete-Kommission  „Zukunft der ländlichen  Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels“ mit der Bitte um Vermittlung. – Da dieses Gremium zeitgleich ihre befristete Tätigkeit beendet hatte, wurde keinerlei Aktivität zugesagt.

 

Das zeit- und wortgleiche, an den Ministerpräsidenten, Herrn Dr. Woidke, gerichtete Schreiben wurde von der Staatskanzlei beantwortet. Allerdings ist die hilfreiche Substanz des Antwortschreibens derart mager, dass es sich nicht lohnt, Auszüge davon hier wiederzugeben.

 

Eine derzeit noch laufende Prüfung soll zeigen, ob ggf. eine gemeinsame Klageschrift der Gemeinden gegen die Sparkassen im Einzelfall hilfreich sein kann oder sogar landesweit Auswirkungen darauf hat, dass Sparkassen neben ihrem wirtschaftlichen Erfolgsdruck, sich auch ihre Verpflichtung dem Kunden gegenüber wieder ins Gedächtnis zurückrufen.

 

Die Gemeinden und ihre Verwaltungen jedenfalls sind bereit, ihren Teil dafür zu tun, wichtige Bausteine der kommunalen Daseinsvorsorge zu erhalten.

 

Gemäß der wörtlichen Bedeutung eines „Brandbriefes“ bleibt die dringende und mahnende Bitte und Forderung an die MBS und die Politik, umgehend dafür Sorge zu tragen, dass der infrastrukturelle Kahlschlag auf dem Lande sofort wirksam eingestellt wird.

 

 

 

 

 

Jürgen Bartlog                                               Norbert Bartels

Bürgermeister                                                Amtsdirektor

Görzke                                                           Amt Ziesar