Der falsche Fritz aus Görzke dankt ab

25.05.2016

 

Tschüss Majestät!

Der falsche Fritz aus Görzke dankt ab.

Im Preußenjahr 2012 fing alles an. Hans-Jürgen Krauss ließ sich ein Kostüm schneidern und trat fortan als Friedrich II. auf. Der Görzker gab sich wie der Alte Fritz und ging wie der Alte Fritz. Das kam an bei den Leuten. An die 40 öffentliche Auftritte absolvierte der falsche Fritz. Jetzt sieht Krauss die Zeit für seine Abdankung gekommen.

Artikel veröffentlicht: Mittwoch, 25.05.2016 17:35 Uhr

Hans-Jürgen Krauss in der Rolle seines Lebens – als Friedrich II.

Quelle: Privat

Hans-Jürgen Krauss in der Rolle seines Lebens – als Friedrich II.

 

Görzke. Erst der Tod entband Friedrich II. (1712 – 1786) von seinen königlichen Pflichten. So lange mag Hans-Jürgen Krauss (70) jedoch nicht warten. Der Görzker will bei Lebzeiten und guter Gesundheit abdanken. Und zwar bald. Vier Jahre lang hat der Preußen-Fan den Alten Fritz mit einer Akkuratesse gedoubelt, die ihm viele Audienzen und Huldigungen einbrachten. Ein falscher König als Sympathieträger für das Land Brandenburg. In diese Rolle schlüpfte Krauss gern, wenn er Auszeichnungen, Ehrungen und Urkunden überreichen durfte. Stets darauf bedacht nicht den Pausenclown zu spielen. Nur zu Auftritten mit Stil ließ sich der königliche Hochstapler aus Görzke herab.

„Ich habe versucht die positiven Seiten und Leistungen des Preußenkönigs zu zeigen. Dabei habe ich viele tolle Erlebnisse gehabt. Aber einmal muss Schluss sein“, meint Krauss heute. Zu zwei Dienstreisen will der einstige Elektroingenieur noch über Land aufbrechen. Darunter zur 800-Jahr-Feier im Juni nach Zehdenick. Die Honoratioren der Stadt erinnerten die Majestät an die einstige Kanonenkugelgießerei in ihren Mauern, auf die selbst ein aufgeklärter Herrscher bekanntlich nicht verzichten konnte. Danach will der falsche Fritz Dreispitz, Rock und Degen endgültig an den Nagel hängen. Einen Nachfolger für die Krauss in Potsdam bei Sonnen & Falkenberg auf den Leib geschneiderte Uniform gibt es leider nicht. Zumindest nicht in Görzke.

Was seine authentisch wirkenden Auftritte ausmachten war nicht nur die detailverliebte Kostümierung. In der Rocktasche durfte selbst eine verbeulte Tabakdose nicht fehlen. Eine Reminiszenz an die Schlacht bei Kunersdorf (1759), wo die echte Tabakdose dem König das Leben rettete, weil an ihr eine feindliche Kugel abprallte. Bei Krauss’ gekrümmten Gang am Gehstock nahm man dem König jede Form von Gicht und ein langes Leben im Sattel ab. „Wenn ich die Uniform anziehe, bin ich der Alte Fritz“, sagt der Görzker über die Rolle seines Lebens.

Quelle: Frank Bürstenbinder

 

Wie im wahren Leben zeigte sich der nachgemachte Friedrich nicht nur liebenswürdig, sondern garstig. Frauenansammlungen auf Potsdamer Boulevards mussten sich schon mal anblaffen lassen: „Seit wann trägt das Weibsvolk Hosen? Bei mir waren es nur die Soldaten!“ Er erlaubte es sich Manfred Stolpe ins Wort zu fallen und ließ Chefs von Schützenvereinen zum Rapport antreten. Es gehörte zur Rolle. Aber in der Regel war Krauss ein Doubel zum Anfassen und Fotografieren, das gern an die Kaffeetafel geladen wurde. Rund 40 Auftritte hat er seit dem Preußenjahr 2012 mit Bravour absolviert.

Damals war der 300. Geburtstag Friedrich des Großen die Initialzündung für Krauss’ Thronbesteigung. Die Affinität zum Königshaus müssen ihm seine Großeltern mitgegeben haben. Diese hielten preußische Tugenden hoch. Disziplin, Fleiß und Arbeit standen im Mittelpunkt – wie bei ihm auch. Tief beeindruckt hat den jungen Krauss ein Ausspruch vom Alten Fritz im großelterlichen Wohnzimmer: „. . . und wenn mir die Menschen zu dämlich sind, spreche ich mit meinen Hunden.“ Wäre Hans-Jürgen Krauss gern der echte große Friedrich gewesen? Soweit würde der in Potsdam aufgewachsene Mann, der als Kind in den Ruinen des Stadtschlosses spielte, nicht gehen: „Ich lebe heute und bin damit zufrieden.“

Von Frank Bürstenbinder

 

 

 

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